Wie RumeXperts das Datenpotenzial von Milchviehbetrieben erschließt

Léonard Theron, Chief Technology Officer bei RumeXperts - einer Abspaltung der Universität Lüttich, die sich auf veterinärmedizinische Forschung spezialisiert hat - erläutert diese eher überraschende Tatsache über Kühe. "Tags, Halsbänder oder andere Ortungsgeräte, in den Milchtanks installierte Geräte, Wetterdaten... Die Milchviehbetriebe überwachen alle möglichen Parameter, die mit der Viehzucht zusammenhängen, wie z. B. Ernährung, Melken usw. Diese enorme und unschätzbare Ressource wird heutzutage jedoch oft nicht genutzt."

Eine Flut von Daten zur Verkürzung der Reaktionszeiten

RumeXperts und Léonard arbeiten seit mehreren Jahren daran, sich diesem Trend zu widersetzen. Ihr Ziel? Das gesamte Potenzial dieser Daten für den Agrarsektor und die Milchwirtschaft zu erschließen.

"Warum sind diese Daten so wichtig? Erstens, weil sich die Milchpreise nach der Zusammensetzung der Milch richten, z. B. nach dem Eiweißgehalt, dem Fettanteil und dem Bakteriengehalt", erklärt Léonard. "Selbst die kleinste Abweichung kann sich auf das Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe auswirken. Im Durchschnitt vergehen jedoch 35 Tage zwischen dem Zeitpunkt, an dem etwas passiert, das sich auf diese Parameter auswirkt, und der Reaktion des Landwirts. Um diese Reaktionszeit zu verkürzen, haben wir Salve entwickelt. Diese Online-Plattform analysiert die Daten von Milchviehbetrieben und sendet Warnmeldungen aus, z. B. bei einem Anstieg des Bakteriengehalts in einem Milchtank, lange bevor der Landwirt das Problem bemerkt. Dadurch kann die Reaktionszeit zwischen dem Auftreten eines Problems und dem Ergreifen von Maßnahmen drastisch verkürzt werden."

Léonard betont jedoch, dass dies nicht der einzige Vorteil von Salve für Milchviehhalter ist. "Die von 250 Betrieben gesammelten Daten geben unseren Nutzern einen Überblick über mehrere Herden und dienen als Benchmark zum Vergleich mit den Daten ihres eigenen Betriebs."

Guillaume Prieur, Data Scientist bei delaware, Léonard Theron, Chief Technology Officer bei RumeXperts und Benoît Loffet, Senior Manager Daten & KI bei delaware.

Vom beschreibenden zum prognostischen Modell

Salve ermöglicht es den Landwirten zwar, schneller zu reagieren, aber seine Daten sind hauptsächlich beschreibend, d. h. das System löst nur dann eine Warnung aus, wenn bereits eine Abweichung vorliegt. Wie könnte dieses Instrument also noch nützlicher werden? RumeXperts und Léonard beschlossen, das Vorhersagepotenzial dieser Daten und der künstlichen Intelligenz zu erkunden, damit die Landwirte reagieren können, sobald ein potenzielles Risiko erkannt wird, d. h. lange bevor die Anomalie auftritt.

"Wir hatten eine enorme Menge an Daten zur Verfügung. Wir wussten auch, dass es in den Daten wiederkehrende Muster gab und dass einige der Betriebe vorhersehbar waren", sagt Léonard. "Daher wollten wir herausfinden, wie wir mit Hilfe von KI Vorhersagen treffen können, die einen echten Mehrwert für diese Betriebe bieten. Deshalb haben wir beschlossen, uns an Digital Wallonia zu wenden."

Eine regionale digitale Strategie

"Digital Wallonia ist die digitale Strategie und Plattform der Region", erklärt Antoine Hublet, Projektleiter bei der Agence du Numérique wallonne (AdN), der Organisation, die die Umsetzung dieser Strategie überwacht. "Unser Ziel ist es, die Einführung von künstlicher Intelligenz und digitalen Technologien in ganz Wallonien zu beschleunigen und Unternehmen bei ihrer digitalen Transformation zu unterstützen."

"Das Programm DigitalWallonia4.ai konzentriert sich auf die Einführung von KI durch zwei Mechanismen, die beide zu 70 % von uns finanziert werden:

• Start IA ist ein Tool zur Bewertung des Reifegrads, mit dem wir Unternehmen helfen, KI-Möglichkeiten zu identifizieren.
• Tremplin IA ist eine Erweiterung von Start IA und bestimmt, ob eine Idee in die Realität umgesetzt werden kann.

Es waren schließlich Start IA und Tremplin IA, die RumeXperts, Digital Wallonia und delaware zusammengebracht haben."

Ein Musterkandidat

"Was uns an RumeXperts als Kandidat gefiel? Sie waren mit ihrem Projekt bereits sehr weit fortgeschritten. Sie hatten eine klare Vorstellung davon, was sie erreichen wollten", fährt Antoine fort. "Außerdem kann eine solche Initiative in der wallonischen Agrar- und Ernährungswirtschaft, in der die Landwirte die KI nur langsam übernehmen, andere Marktteilnehmer inspirieren. Sie zeigt, wie Technologie zu Lösungen führen kann, die einen echten Mehrwert für die Landwirtschaft bringen."

An dieser Stelle kam delaware ins Spiel. Antoine: "delaware ist Teil eines Pools von etwa vierzig KI-Experten, auf die wir zur Unterstützung zurückgreifen. Die Herausforderung bei der Auswahl eines Experten besteht darin, die bestmögliche Übereinstimmung zwischen dem Unternehmen, das Unterstützung benötigt, und dem Experten, der diese leistet, zu finden. Im Falle von RumeXperts war delaware eine natürliche Ergänzung. Und warum? Zum einen, weil sie bereits über beträchtliches Fachwissen in der Agrar- und Lebensmittelindustrie verfügen, zum anderen, weil sie bereits ähnliche Projekte betreut haben und somit die Erwartungen von RumeXperts perfekt erfüllen." 

Benoît Loffet, Senior Manager Daten & KI bei delaware, erklärt: "Wir nehmen an diesen Unterstützungsprojekten von Digital Wallonia teil, seit sie ins Leben gerufen wurden. Es ist immer ein Vergnügen, mit ihnen zusammenzuarbeiten, denn der extrem agile Ansatz des Konzepts ermöglicht es uns, wirklich loszulegen. Die Vielfalt der Aufgaben ermöglicht uns ein besseres Verständnis des Kerngeschäfts von Unternehmen aus verschiedenen Branchen. Dieses Verständnis für die wichtigsten Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind, ist von grundlegender Bedeutung, um die gesammelten Daten sinnvoll zu nutzen.

"Wir greifen auf ein Team von 140 Datenspezialisten zurück. Dank ihrer hervorragenden Kenntnisse von Microsoft und SAP sind diese Experten in der Lage, Strategien zu definieren, moderne Datenplattformen in der Cloud einzurichten, Berichtssysteme zu entwickeln, KI-Algorithmen zu erstellen und Unternehmen bei der Bewältigung aller Veränderungen zu unterstützen, die sich aus dieser neuen Arbeitsweise ergeben. Léonard und sein Team hatten eine sehr gute Vorstellung davon, was sie bisher erreicht hatten und was ihr nächster Schritt sein würde. Sie verfügten bereits über eine Plattform, um ihre eigenen Daten zu sammeln. Die Ausgangssituation war ideal, denn es war von Anfang an alles sonnenklar."

Von Start zu Tremplin

Während der Start IA-Phase untersuchte Benoîts Team die von Salve verwendeten Daten, um zu verstehen, wie sie einen Mehrwert schaffen können. "Wir haben dies in drei Phasen getan", erklärt Benoît. "Zunächst haben wir uns die Architektur angesehen und die Kompatibilität zwischen unseren und den Systemen von RumeXperts analysiert. Dann haben wir uns auf die tatsächlichen Daten konzentriert und auf der Grundlage dieser Datenanalyse drei Tools zur Datenuntersuchung definiert, die in Bezug auf ihre Vorhersagekraft vielversprechend waren."

Nach der Sondierungsphase von Start IA schalteten RumeXperts und delaware einen Gang höher, arbeiteten an einem Proof of Concept und wechselten zu Tremplin IA. Auch hier übertrafen die Ergebnisse die Erwartungen.

Léonard: "Wir konnten zeigen, dass zwei der drei Ziele in Bezug auf die Vorhersagbarkeit, d.h. Milchfettgehalt und Keimzahl, Bestand haben und in der Produktion verwendet werden können. Was die Betriebe in Salve betrifft, so sind 30 bis 50 % der 250 Betriebe in unserer Kohorte prognostisch, so dass wir einen echten Mehrwert bieten können. Diese Ergebnisse sind äußerst positiv. In der Landwirtschaft, wo alles auf Intuition beruht, könnte man sagen, dass es sich um eine echte Revolution handelt, die den Weg für eine neue Form der Viehzucht ebnet, die weniger Ressourcen verbraucht."

Eine insgesamt positive Bilanz

"Gemeinsam konnten wir dank eines Vorhersagemodells, das in der Microsoft Cloud läuft, Lösungen für die Umwandlung von Daten in verwertbare Informationen entwickeln", erklärt Léonard. "Unsere Salve-Plattform wird dieses Modell nutzen, um Daten abzufragen, Ergebnisse abzurufen und sie so zu präsentieren, dass die Nutzer sie verstehen können. delawares äußerst professionelle, übergreifende Vision der Datenanalyse war dabei entscheidend. Ihre Datenwissenschaftler verstanden sehr schnell, welche Art von Modell wir brauchten. Sie untersuchten dann eine große Anzahl von Modellen und nutzten unsere Daten, um zu sehen, was diese Modelle erzeugen würden, bevor sie definierten, welche Modelle effektiver wären. Sie haben sich sehr schnell in unser Geschäft eingearbeitet, auch ohne unseren Sektor von Anfang an zu kennen. So konnten wir in einem Ko-Konstruktionsmodell zusammenarbeiten und voneinander lernen."

"Um diese Art von Herausforderung zu bewältigen, muss man sehr eng zusammenarbeiten", betont Benoît. "Daten sind ohne Geschäftswissen nutzlos. Die einzige Möglichkeit, Ergebnisse zu erzielen, besteht darin, Informationen zu teilen und auszutauschen".

Für RumeXperts scheinen diese Ergebnisse bereits sehr vielversprechend zu sein. "Die Version mit den von uns erstellten Indikatoren wird im Dezember in Produktion gehen. Das wird uns helfen, neue Nutzer zu überzeugen, auf unsere Plattform zu wechseln, und unsere Ergebnisse noch konsistenter zu machen", schließt Léonard.